Schwingende Kugeln
Schwingungen sind ein mathematisch sehr interessantes Thema. Im Erlebnisland Mathematik wird mit dem Exponat „Schwingende Kugeln“ das Verhalten von schwingenden mathematischen Pendeln erfahrbar gemacht. Wie die folgende Abbildung 1 zeigt, hängen 13 Metallkugeln an unterschiedlich langen Fadenpendeln, die an einer krummlinig verlaufenden Aufhängung befestigt sind.

Bei diesem Experiment löst man durch Absenken der blauen Schiene (siehe Abbildung 1) gleichzeitig die Schwingung aller 13 Kugeln aus. Sie verlassen dabei zur selben Zeit ihre jeweiligen Maximalauslenkungen. So schwingen sie für den Beobachter zunächst scheinbar regellos hin und her.
Beobachtet man über längere Zeit die Schwingungen der Kugeln, so entdeckt man folgendes Verhalten:
Beim Start beginnen die Schwingungen aller Pendel gleichzeitig und gehen danach in eine diskret sinusartige Form über, deren Amplituden kontinuierlich größer werden. Wenn die größte Anzahl von Amplituden dieser „schwingenden Erscheinung“ erreicht ist, ist die Schwingungsrichtung eines jeden Pendels der Schwingungsrichtung seiner Nachbarn entgegengesetzt (das erste und letzte Pendel haben natürlich nur einen Nachbarn). Also schwingt jedes zweite Pendel in der gleichen Richtung. Es entsteht optisch der Eindruck als würden die Pendel zeitweilig in zwei auf einander zulaufenden „Fronten“ schwingen und sich dann wieder „verzahnen“. Schließlich kann man wieder eine diskrete Sinusschwingung der Kugeln beobachten, deren Amplitude abnimmt, bis sie wieder gemeinsam (annährend) ihre Ausgangslage erreichen (bei dem Experiment im Erlebnisland Mathematik nach 40 Sekunden). Natürlich klingt der so beschriebene Vorgang mit der Zeit ab, da die Reibung die Pendelbewegungen abbremst (d.h. die maximalen Auslenkungen der einzelnen Pendel werden nach und nach kleiner, bis zum vollständigen Stillstand).
Und nun … die Mathematik dazu:
Bezeichne die Anzahl der Schwingungen des
-ten Pendels (
) im Zeitraum
. Dann ist bei Vorgabe einer Schwingungsdauer von zwei Sekunden für das längste Pendel und unter der Voraussetzung, dass sich die Anzahl der Schwingungen benachbarter Pendel im Zeitintervall
um genau eins unterscheiden,
, also
für
.
Hat das -te Pendel also die Schwingungsdauer
, so gilt somit
. Wegen des Zusammenhanges zwischen der Schwingungsdauer
und Länge
des mathematischen (Faden-)Pendels
(wobei
die Erdbeschleunigung bezeichnet), erhält man nun für die Längen
der einzelnen Pendel:
Die konkreten Werte für ,
für das Exponat im Erlebnisland Mathematik sind der nachfolgenden Tabelle 1 zu entnehmen:
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() |
Für die Frequenz und die Kreisfrequenz
des
-ten Pendels ergibt sich somit aus
und
, dass
und
. Die einzelnen Werte für
und
können in nachfolgender Tabelle 2 abgelesen werden (Angabe in Hertz):
![]() | Frequenz ![]() | Kreisfrequenz ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |

Die Momentanwinkel zur Zeit
der dreizehn mathematischen Pendel (
) besitzen die folgenden Bewegungsgleichungen
An dem Sinusterm sieht man den Grund für das scheinbare Auftreten einer diskretisierten Sinuskurve entlang der Pendel. Hierbei ist mit
als horizontalem Abstand der Kugeln in der Auslage beim Start und der jeweiligen Vertikalen unter ihrer Aufhängung. Für diese Werte
(
) erhält man für das betrachtete Experiment in Bogenmaß (und in Radian) die Werte der folgenden Tabelle 3:
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
![]() | ![]() | ![]() |
Für die ausgewählten Pendel ergibt sich dann der in Abbildung 2 dargestellte momentane Ausschlagwinkel (zur Zeit
) in Bogenmaß in einer grafischen Darstellung für
bis
:
Bemerkung: Aus Gleichung resultiert, dass die obere begrenzende Linie der Aufhängungen einer Gleichung der Form
mit genügt, wobei eine Längeneinheit von
dem Abstand je zweier benachbarter Kugeln in der Ruhelage entspricht. In der folgenden grafischen Darstellung wurde für diese Längeneinheit der Wert 1 gewählt:
Bemerkung:
Die Idee für das Exponat entstammt einer im Februar 1991 veröffentlichten Studie des amerikanische Physikers Richard E. Berg (University of Maryland), die im American Journal of Physics erschien und sich mit schwingenden mathematischen Pendeln befasste. Den Impuls dazu gab ein Video, das C. Alley (ebenfalls Universität von Maryland) an der Moskauer Staatlichen Universität aufnahm, an der er 1987 während eines Studienaufenthaltes verweilte.
Literatur
[1] Berg, Richard E.: Pendulum waves: A demonstration of wave motion using pendula. in: American Journal of Physics 59 (2), S. 186–187, 1991.