Kegelschnitte
Ein Kegelschnitt ist eine ebene Kurve, die entsteht, wenn man die Oberfläche eines Doppelkreiskegels mit einer Ebene schneidet (vgl. Abbildung 1).
Der Doppelkreiskegel seinerseits entsteht dabei dadurch, dass eine Gerade um eine sie schneidende Achse
gedreht wird. Der Mantel des Kegels besteht dann aus der Gesamtheit aller Geraden (den sogenannten Mantellinien), die sich durch eben die Drehung von
um
ergeben. Die Lage der Schnittfläche zu den Mantelflächen bestimmt, welcher Kegelschnitt entsteht.
Falls die Spitze des Doppelkegels nicht in der jeweiligen Schnittebene liegt, können die folgenden Kurven entstehen:
Eine Parabel entsteht, wenn die Schnittebene zu genau einer Mantellinie des Doppelkegels parallel ist. Dies bedeutet, dass der Winkel zwischen der Achse und der Schnittebene gleich dem halben Öffnungswinkel des Doppelkegels ist.
Eine Ellipse entsteht, wenn die Schnittebene zu keiner Mantellinie parallel ist. Dies bedeutet, dass der Winkel zwischen der Achse und der Schnittebene größer als der halbe Öffnungswinkel des Doppelkegels ist. Ist dieser Winkel ein rechter Winkel, so tritt der Kreis als Schnittkurve auf (als Spezialfall einer Ellipse).
Eine Hyperbel entsteht, wenn die Schnittebene zu zwei Mantellinien des Doppelkegels parallel ist. Dies bedeutet, dass der Winkel zwischen Achse und Ebene kleiner als der halbe Öffnungswinkel ist.
Verwendet man statt eines Doppelkegels einen einfachen Kegel und schneidet diesen mit einer Ebene, sodass diese nicht durch dessen Spitze verläuft, so erhält man analog zu den eben genannten drei Fällen entweder eine Parabel, eine Ellipse oder einen Ast einer Hyperbel. Natürlich kann der Schnitt einer solchen Ebene mit dem Kegel auch leer sein.
Im ERLEBNISLAND MATHEMATIK werden die eben genannten Kegelschnitte durch folgendes Experiment erzeugt:
In einem durchsichtigen kegelförmigem Behälter, dessen Hauptachse (per Hand) bis zu 90° geneigt werden kann, befindet sich eine blau gefärbte Flüssigkeit. Stellt man nun einen beliebigen Winkel ein, dann bildet die Begrenzungslinie der Flüssigkeit in diesem Behälter einen Kegelschnitt.
Und nun … die Mathematik dazu:
Wir betrachten jetzt den algebraischen Aspekt von Kegelschnitten. Im ebenen kartesischen Koordinatensystem beschreiben die allgemeinen quadratischen Gleichungen
(mit reellen Koeffizienten und
) genau die Kegelschnitte als die Nullstellenmengen solcher Gleichungen.
So eine Gleichung lässt sich auch wie folgt in Matrix-Schreibweise notieren:
Wir schreiben für die Matrix
Wir wollen das System nun so umformen, dass man den Typ des beschriebenen Kegelschnittes sofort ablesen kann. Dazu erlauben wir uns, die Koordinaten
der Ebene durch eine orientierungserhaltende euklidische Bewegung
zu transformieren (hierbei ist eine reelle orthogonale Matrix mit Determinante 1 und
ein beliebiger Vektor). Dies dreht und verschiebt den Kegelschnitt, ändert aber nicht seine Form.
Zunächst betrachten wir die Matrix . Da es sich um eine symmetrische Matrix handelt (
, d.h.
geht bei Spiegelung an der Hauptdiagonalen in sich selbst über), gibt es — nach einem bekannten Satz aus der linearen Algebra — eine reelle orthogonale Matrix
, sodass
eine Diagonalmatrix ist, deren Eigenwerte auf der Hauptdiagonalen stehen. Durch eventuelles Vertauschen der Spalten von
können wir es so einrichten, dass
. Durch den Übergang
erhalten wir also eine quadratische Gleichung der Form , bei der der gemischte Term
verschwindet (da
).
Nun betrachten wir die folgenden Fälle:
Fall 1: und
: Dann können wir quadratische Ergänzung für beide Variablen
und
durchführen. Dadurch verschwinden die Terme
und
. Wir erhalten also eine neue Gleichung der Form
. Nun gilt es wieder zwei Fälle zu unterscheiden:
(a) Gilt , so können wir die Gleichung so umformen, dass sie der Form
ist. Gilt nun
, so handelt es sich um eine Ellipse mit den Halbachsen
und
. Ist genau einer der Parameter
und
negativ, so können wir mittels Vertauschung annehmen, dass
und
. Dann handelt es sich um eine Hyperbel mit den Halbachsen
und
. Gilt aber
, so sieht man sofort, dass der beschriebene Kegelschnitt die leere Menge ist.
(b) Gelte nun (dies entspricht dem Fall, dass die Schnittebene den Doppelkegel in seiner Spitze schneidet). Wenn
und
dasselbe Vorzeichen haben, so ist leicht einzusehen, dass der Kegelschnitt zu genau einem Punkt (nämlich
) entartet. Haben sie entgegengesetztes Vorzeichen so entstehen zwei Geraden vom Anstieg
durch den Ursprung.
Fall 2: : Verschwinden beide Parameter, dann haben wir eine Gleichung höchstens 1. Grades. Diese beschreibt also entweder eine Gerade, die leere Menge, oder die gesamte Ebene. Daher dürfen wir annehmen, dass
und
(bis auf Vertauschung). Durch quadratische Ergänzung können wir annehmen, dass
. Nun gilt es wieder zwei Fälle zu unterscheiden:
(a) Gilt , so können wir in
-Richtung so verschieben, dass wir eine Gleichung der Form
erhalten. Diese beschreibt eine Parabel.
(b) Gilt aber , so taucht die
-Variable in unserer Gleichung gar nicht auf. Wir erhalten daher zwei (möglicherweise identische) zur
-Achse parallele Geraden als entarteten Kegelschnitt.
Dies beendet die Klassifikation der 2-dimensionalen Kegelschnitte.
Anwendungen und Beispiele

Eine Anwendung finden die Kegelschnitte in der Astronomie, da die Bahnen der Himmelskörper genäherte Kegelschnitte sind. Auch in der Optik werden sie verwendet — als Rotationsellipsoid für Autoscheinwerfer, als Paraboloid oder Hyperboloid für Spiegelteleskope usw.
Geschichtliches
Der Mathematiker Menaichmos (um 380–320 v. Chr.) untersuchte an der Akademie Platons die Kegelschnitte mit Hilfe eines Kegelmodells. Er entdeckte dabei, dass sich dass sogenannte Delische Problem („Würfelverdopplung“) auf die Bestimmung von Schnittpunkten zweier Kegelschnitte zurückführen lässt. Euklid beschrieb im 3. Jahrhundert v. Chr. in vier (bisher nicht wieder aufgefundenen) Bänden seiner „Elemente“ die Eigenschaften von Kegelschnitten. Die gesamten Kenntnisse der Mathematiker der Antike über die Kegelschnitte fasste Appolonios von Perge (um 262–190 v. Chr.) in seinem achtbändigen Werk „Konika“ (deutsch: „Über Kegelschnitte“) zusammen. Die analytische Beschreibung der Gesamtheit der Kegelschnitte durch Gleichungen vom Typ wurde von Pierre de Fermat (1607–1665) und René Descartes (1596–1650) gefunden.
Literatur
Koecher, M. u. Krieg, A.: Ebene Geometrie, 3. Auflage, Berlin, 2007.